Grundlagen des Athletiktrainings

Intro

"Être fort, pour être utile" - Sei stark, um nützlich zu sein!

Nach einem Vulkanausbruch und einer anstrengenden Rettungsaktion hat Georges Hébert, der Erfinder der méthode naturelle, diesen Satz formuliert und anschliessend zum Leitgedanken seiner Trainingsmethode gemacht.

Wer stark ist, hat eine gute Basis für verletzungsfreies, erfolgreiches Training. Um in den Erscheinungsformen der Sprünge, des Kletterns oder im Schwingen besser zu werden, ist eine besser werdende Athletik wichtig. Parkourtrainer/innen verfügen daher über die nötigen Grundkenntnisse des spezifischen Athletiktrainings und wenden diese in ihren Trainings sicher und zielgerichtet an. Dieser  Lernbaustein unterstütz dich dabei.

Das Athletiktraining kann auf jeder Altersstufe eingesetzt werden, primär um das Verletzungsrisiko zu minimieren und die Prävention zu fördern. Das sagt die BFU dazu:

Quelle: LBS Power to win

Basics

Falls du Lust hast, kannst du dir das Video aus der Linkliste weiter unten anschauen. Es zeigt den enormen Leistungsanstieg und die Evolution der Schwierigkeit im Parkour an einem der bekanntesten Spots der Welt. (freiwilliges Zusatzmaterial)

Die Kraft spielt im Parkourtraining also eine zentrale Rolle. Viele Moves verlangen ein gewisses Level an Kraft, damit sie überhaupt ausgeführt werden können. Denke an die Erscheinungsform der Climb-Ups, da braucht man genügend Zugkraft, damit man das eigene Körpergewicht hochziehen kann. Achte deshalb auf einen konsequenten und nachhaltigen Aufbau der Entwicklungsdimension Athletik , insbesondere in den Faktoren der Kraft und der Explosivität. Plane und vermittle das Krafttraining zielgruppen- und altersspezifisch. Im folgenden Abschnitt sind die physischen Voraussetzungen und Trainingsprinzipien auf den verschiedenen Altersstufen augeführt. Passe das Athletiktraining nach den entsprechenden Prinzipien an, um die Sicherheit deiner Teilnehmenden zu gewährleisten.

Physische Voraussetzungen:

Schulkind springt über Mauer

Frühes Schulkindalter

5-9 jährig

Zwei Jungen trainieren Parkour

Spätes Schulkindalter

9-12 jährig

Zwei Teenager trainieren Parkour

Pubeszenz

♀12-14 jährig

♂12-15 jährig

Eine erwachsene junge Frau trainiert Parkour

Adoleszenz

♀14-18 jährig

♂15-19 jährig 

Trainingsprinzipien:

Achte beim Athletiktraining mit Kindern und Jugendlichen stets auf folgende Grundsätze:

  • Trainiere vielseitig und gerade bei Kindern spielerisch. Vermeide eine zu frühe Spezialisierung und beuge so nachhaltig der Gefahr von Schäden durch Fehl- und Überbelastung vor. 
  • Achte auf eine korrekte Ausführung der Kraftübungen. Das heisst auch bei Sprüngen soll auf die Haltung und eine optimale Beinachse geachtet werden. -> Kartenset "Vermitteln" - Karte 19 
  • Passe die sportliche Belastungsintensität entsprechend individuell an. -> Kartenset "Vermitteln" - Karte 22
  • Erhöhe die Belastung schrittweise und plane genügend Erholungs- und Regenerationszeit ein. -> Kartenset "Vermitteln" - Karte 12
  • Richte das Krafttraining an einem konkreten messbaren Ziel aus. -> Kartenset "Vermitteln" - Karte 11
Ein Zitat von einem J+S Trainer Parkour

Prinzipien

Das Athletiktraining ist vielfältig und in jeder Sportart spezifisch. Nachfolgend beschreiben wir die im Parkour wichtigsten Grundprinzipien. Im Entwicklungsfaktor Explosivität arbeitest du im Parkour vor allem an den Sprüngen, also an der Sprungkraft. Im Entwicklungsfaktor Kraft verbesserst du die Zug- und Stoss-, sowie auch die Rumpfkraft deiner Teilnehmenden. Durch Gleichgewichtstraining, das im Parkour in vielen Bewegungen gefördert wird, wird gleichzeitig auch der Bereich der Stabilität trainiert, auf welchen wir in diesem Lernbaustein nicht eingehen. Falls du zuerst noch mehr über die Grundlagen des Athletiktrainings erfahren möchtest, wirf einen Blick in den LBS Power to win. Dort findest du die wichtigsten Grundlagen des Athletiktrainings mit Kinder und Jugendlichen und hast eine umfängliche Übungsauswahl für die Stufen F1, F2, und F3 zum Athletiktraining. 

Explosivität

Plyometrie und Sprungkraft

Du kennst sicher den Parkourbegriff "Plyo". Dieser leitet sich von Plyometrie ab. Im Parkour ist eine ausgeprägte Explosivität insbesondere der unteren Extremität (Beine) relevant. Bei Sprüngen werden zuerst die Muskeln gedehnt und anschliessend umgehend wieder verkürzt. Diesen Dehnungs-Verkürzungs-Prozess kannst du durch regelmässiges Sprungtraining optimieren und effektiver machen.  Das Explosivitätstraining ist ein sehr intensives Training. Eine hohe Bewegungsqualität und genügend Erholung sind daher zwingend zu beachten. Hierbei steht die Beinachsenstabilität im Zentrum. Eine korrekte Ausrichtung der Beinachse (Füsse hüftbreit, Kniescheibe leicht nach aussen gerichtet) führt zu einer gleichmäßigen Belastung der Gelenke und beugt dadurch Verletzungen und einer frühzeitigen Abnützung vor. Durch Gleichgewichtstraining, das im Parkour in vielen Bewegungen gefördert wird, wird gleichzeitig auch der Bereich der Stabilität trainiert, der unter anderem für die Bewegungsqualität wichtig ist. 

Plyos

Kraft 

Zug- und Stosskraft

Die Zug- und Stosskraft (Engl.: Push und Pull) sind ebenfalls wichtige physische Voraussetzungen für viele Parkour Moves. Denkst du zum Beispiel an die Erscheinungsform Klettern mit dem Positionswechsel vom Hangen zum Stützen (vgl. Climb-Up Video unten), dann merkst du direkt, dass ein wichter Teil beim Klettern aus dem Ziehen der Arme und dem anschliessenden Stossen und Hochdrücken kommt. Was ebenfalls zur Stosskraft gehört ist das Stützen. Die Stützfunktion ist eine der wichtigsten Grundlagen im Parkour, denn nur so kann man zum Beispiel die Erscheinungsformen der Vaults ausführen. Durch die Stütz- und Stossfunktion werden Gelenke wie Ellenbogen und Schultern stabilisiert und vor Verletzungen geschützt. Eine gezielte Ausbildung dieser Kraftformen sollte deshalb schon sehr früh ins Training integriert werden, damit die Kinder und Jugendlichen fähig sind, die Grundtechniken sauber auszuführen. 

Climb-ups

Rumpfkraft

Die Rumpfkraft dient der Stabilisation des Rumpfes sowie der effizienten Kraftübertragung zwischen den oberen und unteren Extremitäten. Gerade bei Sprüngen mit Arm-Beinkoordination ist die Rumpfkraft ein wichtiger Funktionsträger. Nur mit genügend Kraft und Stabilität kann die maximale Distanz des Sprunges erreicht werden. Aber nicht nur bei der Erscheinungsform der Sprünge spielt die Rumpfkraft eine wichtige Rolle, sondern ist auch zentral beim Schwingen (vgl. Video Toes to bars unten), bei Vaults, bei Flips oder um flüssige Bewegungen im Flow miteinander zu verbinden. Mit einer guten Rumpfkraft wird sehr vieles im Parkour einfacher und für deine Teilnehmenden auch sicherer.   Wie grundsätzlich alle Kraftübungen sollen auch Rumpfübungen funktional, also möglichst nahe an der Endbewegung sein. 


Toes to bars

Good Practice

Die Trainingsformen definierst du entsprechend dem Alter der Teilnehmenden, dem Niveau deiner Trainingsgruppe sowie euren Zielsetzungen. Es gibt unzählige Möglichkeiten, um Krafttraining im Unterricht zu gestalten. Nutze Spielformen die du bereits kennst und integriere Kraftübungen auf spielerische Art und Weise. Zeige den Kindern auf, wofür sie Athletiktraining machen. Möchte beispielweise ein Kind einen Backflip lernen, erklärst du, warum hierfür die Sprungkraft essenziell ist. So erkennen die Kinder und Jugendlichen Ziel und Zweck von Krafttraining.

Im folgenden werden zu allen Kraftbereichen praktische Übungsbeispiele augezeigt, die du in deinem Training ausprobieren kannst. Achte dabei immer auf das Alter deiner Teilnehmenden und auf die entsprechenden physischen Voraussetzungen die sie mitbringen.

Alterspezifisches Explosivitätstraining

Achte auf möglichst einfach und gut aufgebaute Trainingsübungen. Das reaktive Weiterspringen (möglichst kurzer Bodenkontakt) steht im Fokus. Daher ist es wichtig, dass die Belastung nicht zu hoch ist. Passe also die Höhe und die Weite des Sprungs dem Niveau deiner Kinder und Jugendlichen an. Achte auf Leistungsunterschiede in deiner Trainingsgruppe. Passe die Übung sowie die Intensität individuell an und unterstütze die Kinder und Jugendlichen dabei, ihre Belastungsgrenze selber zu erkennen.

Schulkindalter: Spiel- und Bewegungsgrundformen wo viel gehüpft wird, eignen sich besonders um spielerisch Plyos zu trainieren. Auch bekannte Trainingsformen wie Froschhüpfen, Seilspringen oder kleine Hürdensprünge bieten sich an.

Seilspringen Variationen

Pubeszenz und Adoleszenz: Nun kannst du die Belastungsintensität kontinuierlich steigern. Geeignet sind gängige Trainingsformen wie reaktive Sprünge nach einem Niedersprung, reaktive Standweitsprünge, einbeinige reaktive Strides am Boden oder ein Sprung auf ein Element mit anschliessendem reaktiven Sprung nach oben weg.

Good Practice Explosivitätstraining (F2+F3)

Altersspezifisches Zug- und Stosskraftraining

Schulkindalter: Lass die Kinder auch diese Kraftkomponenten spielerisch trainieren. Kinder lieben es, sich zu messen. Kleine Wettkampformen oder Ninja Parkours mit Hangelobjekten (Ringe, Barren oder Mauern) eignen sich bestens für das Training der Zug- und Stosskraft. Acht darauf, dass jedes Kind Erfolgserlebnisse feiern kann: berücksichtige die unterschiedlichen Leistungsniveaus, plane die Parkours und Gruppenzuteilung geschickt, wähle Übungen die angepasst werden können. So ermöglichst du jedem und jeder stärker zu werden. -> Kartenset "Vermitteln" - Karte 22

Sützen

Pubeszenz und Adoleszenz: Bei Teenagern und jungen Erwachsenen, steht der Wettkampf nicht mehr zwingend im Vordergrund. Die Performance im Parkour und das Interesse am äusserlichen Erscheinungsbild wird wichtiger. Unterstütze die Entwicklung der Stoss- und Zugkraft mit gezielten Kraftübungen wie Klimmzügen, Climb-ups oder Liegestützvariationen.

Good Practice Zug- und Stosskrafttraining

Altersspezifisches Rumpfkrafttraining

Schulkindalter: Spielerische Krafttrainingsformen wie Quadrupedie- (Vierbeiner) oder Animalwalks (sich wie Tiere fortbewegen) motivieren. Auch Fangspiele, bei denen sich die Kinder wie eine Katze oder Spinnen fortbewegen eignen sich gut. Diese fördern nebst Rumpfkraft, auch die Schulterstabilität. Auch beim Kämpfen und Raufen wird die Rumpfmuskulatur vielseitig beansprucht.

Rumpfkraft Kinder

Pubeszenz und Adoleszenz: Trainiere nun die Rumpfkraft gezielt. Optimiere beispielsweise die Rotationsgeschwindigkeit: Lasse die Jugendlichen Medizinbälle seitlich gegen eine Wand oder über den Kopf mit maximaler Kraft wegkatapultieren. Auch herkömmliche Rumpfkraftübungen (Rumpfbeugen, Planks etc.) kannst du ins Training integrieren. 

Good Practice Rumpfkrafttraining
Seitlicher Medizinballwurf

Reflexion

Mache dir nun Gedanken zu deinem Parkourunterricht:

  • Wie viel Krafttraining machst du bereits, und wie viel Potential hat dein Training in diesem Bereich noch?
  • Ist das Athletiktraining auf deine Trainingsziele abgestimmt?
  • Welche Übungen setzt du bereits um, und welche möchtest du in Zukunft noch ausprobieren?

 Notiere dir die wichtigsten Punkte und halte konkrete Massnahmen für deine nächste Parkourlektion fest.

Quiz

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Transfer

Jetzt bist du dran: Analysier, wie du bisher das Athletiktraining geplant und gestaltet hast. Machst du zukünftig alles genauso oder siehst du Möglichkeiten, etwas zu optimieren? 

1 Wie integrierst du das Training der Athletik konkret in deine Trainingsplanung? 
2 Wie baust du Krafttraining altersspezifisch und niveaugerecht in deinen Trainings auf? 
3 Wie überprüfst du die Fortschritte?

Halt deine Überlegungen schriftlich fest.

Quiz

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