Biomechanik
Hast du dir schon einmal überlegt, wie du deinem Athlet/innen begründen kannst, dass er/sie beim Sprinten die Füsse flexen soll oder weshalb er sich beim Abstossen der Kugel möglichst gross aufrichten soll? Mit Phänomenen der Biomechanik sind wir in der Leichtathletik als Trainer/in täglich konfrontiert. Wir messen, analysieren und wollen stetig Leistungen verbessern. Je besser wir die physikalischen Prinzipien der Bewegungen verstehen, umso präziser und nachvollziehbarer können wir als Trainer/innen unsere Korrekturen anbringen.
Leichtathletische Bewegungen haben immer geradlinige und drehende Anteile («Translationen» und «Rotationen»): In einem 100m-Sprint bewegt sich der Körperschwerpunkt («der Bauchnabel») mehr oder weniger entlang einer Linie von Start bis Ziel, während sich Arm- und Beinwinkel während des Laufs verändern.
Weg
Geschwindigkeit
Beschleunigung
Winkel
Winkelgeschwindigkeit
Winkelbeschleunigung
Kräftebeispiele im Weitsprung
Andererseits nutzen wir natürlich die im Körper wirkenden Muskelkräfte. Da der Angriffspunkt der Zugkraft eines Muskels jeweils nicht direkt in einem Körpergelenk ist, lösen sie meist eine Drehung aus.
Muskelanimation
Wenn du beispielsweise im Hochsprung abspringst, wirken ganz viele Kräfte, die deinen Körper in Absprungrichtung beschleunigen. Wie hoch du nun aber fliegst, bestimmt die «Energie» die in deinem Absprungprozess steckt und der «Schwung» inklusive seiner Richtung (oder den «Drall» bei einer Drehung) den du beim Absprung mitnimmst.
Energiebeispiele im Stabhochsprung
Übersicht Fachbegriffe
Du kennst bereits die Erscheinungsformen der Leichtathletik. Hinter ihnen stecken nichts anderes als biomechanische Prinzipien, wie wir uns hier an einigen Beispielen vor Augen führen.
Je schneller du ein Körperteil zu bewegen vermagst, umso grösser ist der Impuls, den du damit in die Bewegungsrichtung mitzunehmen vermagst. Bei Drehbewegungen stellst du fest, dass die schnelle Ausführung einfacher ist, wenn die zu drehenden Körperteile oder Gegenstände nahe an der Drehachse gehalten werden.
Bei jedem Beschleunigungsvorgang wirkt eine Kraft über eine bestimmte Strecke hinweg auf dich oder den Gegenstand. Je länger diese Strecke und je grösser die in Richtung dieser Strecke übertragene Kraft, umso mehr Energie (in beliebiger Form) ist nachher für die Bewegung vorhanden. Durch unseren Körperbau, Arbeitsweise unserer Muskulatur, disziplinenspezifische Vorgaben und zeitliche Limiten ist die Ausgestaltung der Kombination Kraft/Weg in den Disziplinen unterschiedlich.
Auch hier gilt einerseits, dass eine vollständige Streckung den Beschleunigungsweg verlängert und damit mehr Energie für die nachfolgende Bewegung vorhanden ist. Zudem kann eine Kraft deinen Körperschwerpunkt nur dann geradlinig beschleunigen, wenn sie auf einer Linie mit ihm liegend angreifen kann. Greifen Kräfte versetzt zu ihm an, lösen sie Drehbewegungen aus, die durch entgegengesetzt wirkende Kräfte stabilisiert werden müssen.
Indem du Bewegungen maximal reaktiv ausführst, nutzt du Spannenergie deines Muskelapparats optimal aus. Ähnlich wie eine Feder ist ein Muskel, beziehungsweise sind die zugehörigen Sehnen, in der Lage, Energie zu speichern.
Du hast im vorherigen Abschnitt einige Beispiele gesehen, wie biomechanische Prinzipien die Ausführung einer Bewegung prägen. Suche zwei Beispiele von Bewegungen in deinen Disziplinen, die du ähnlich erklären kannst.
Bewegungsbeispiel 1 in deiner Disziplin
Tausche dich im Kurs mit den anderen Teilnehmer/innen aus.
Bewegungsbeispiel 2 in deiner Disziplin
Tausche dich im Kurs mit den anderen Teilnehmer/innen aus.
Du hast nun einiges zu Biomechanik in der Leichtathletik gesehen und vielleicht schon zuvor gewusst. Beantworte für dich und deine Trainingsführung folgende Fragen :
- Erhebst du im Training biomechanische Grössen? Wenn ja, welche? Welchen Nutzen siehst du darin?
- Kannst du dir eine Anwendung im Trainingsalltag vorstellen, wo du einen biomechanischen Erklärungsansatz anwenden würdest?
- Zu welchen Aspekten der Biomechanik in der Leichtathletik möchtest du mehr erfahren?
Notiere dir in der nächsten Lektion Fehlerbilder in der Bewegungsausführung deiner Athletinnen und Athleten.
Überlege dir mithilfe der biomechanischen Prinzipien, welche Auswirkungen diese Ausführungen auf die weitere Bewegung haben. Leite daraus ein sinnvolles Feedback ab (sei es in Worten oder als Bewegungsablauf), das deiner Athletin oder deinem Athleten hilft, den Vorteil der richtigen Ausführung zu verstehen.