Sport im Rollstuhl
Ziel dieses Lernbausteins ist es, dir als J+S-Leiterin und -Leiter das nötige Wissen an die Hand zu geben, um Rollstuhlsport sicher zu vermitteln. Welche Rollstuhlsportarten kennst du? Schau dir das Video dazu an.
Rollstuhlsport wird von Personen mit einer körperlichen Beeinträchtigung ausgeübt. Die häufigste Form ist die Querschnittlähmung.
Das Rückenmark leitet Informationen zwischen Körper und Gehirn weiter. Es ist ein Nervenstrang innerhalb der Wirbelsäule. Eine Schädigung des Rückenmarks führt zu einer Querschnittlähmung. Das heisst, der Signalaustausch zwischen Gehirn und Körper ist beschädigt. Die Folgen sind: eine Lähmung der Muskulatur, ein Ausfall der Sensibilität (für Schmerz, Berührung, Temperatur), eine Störung der unwillkürlichen Körpersteuerung (z. B. Blasenfunktion oder Wärmehaushalt). Ist das Rückenmark vollständig durchtrennt spricht man von vollständiger Querschnittlähmung (alle Funktionen unterhalb der Verletzung sind ausgeschaltet). Ist das Rückenmark nur teilweise durchtrennt und einige Funktionen können teilweise noch gesteuert werden, spricht man von unvollständiger Querschnittlähmung.
Bei einer Paraplegie liegt die Verletzung auf Brusthöhe oder tiefer. Dadurch sind fast immer beide Beine und häufig auch der Rumpf von einer Lähmung betroffen. Bei einer Tetraplegie liegt die Verletzung im Bereich des Halses und verursacht Lähmungserscheinungen an den Beinen, im Rumpf und zusätzlich an den Armen. Das heisst, auch die Hand- und Fingerfunktionen sind eingeschränkt. Von entscheidender Bedeutung für die Schwere der Verletzung und die funktionellen Einschränkungen für die Betroffenen ist die Höhe der Verletzung der Wirbelsäule bzw. des Rückenmarks.
Bei Personen mit einer Querschnittlähmung sind die Schultern wichtige Gelenke, die im Alltag viel genutzt werden. Der Vorbeugung von Schulterproblemen durch Kraft- und Beweglichkeitstraining sollte beim Training grosse Aufmerksamkeit geschenkt werden. Auch eine korrekte Schulung der Transfers (Positionswechsel vom Rollstuhl auf das Bett, Autositz, etc.) ist für den langfristigen Erhalt der Schulterfunktion von grosser Bedeutung.
Unterhalb der Rückenmarksverletzung spürt die Person Schmerzen, Druck, Wärme und Kälte in einer veränderten Art oder gar nicht. Wenn Personen im Rollstuhl in einer ungeeigneten Sitz- oder Liegestellung sind, werden ihre Blutgefässe zwischen Knochen und einer harten Unterlage zusammengedrückt. Sie können diese Stellung länger beibehalten, ohne dass sie Druckschmerz empfinden. Das kann das Gewebe schädigen, was dann eine monatelange medizinische Behandlung benötigt.
Für viele Menschen im Rollstuhl sind die Blasen- und die Darmfunktionsstörung eine ebenso grosse Behinderung wie die gelähmten Beine. Eine volle Blase kann ausser zu Urinverlust auch zu Kopfschmerzen oder Schweissausbrüchen bis hin zu Nieren- und Blasenschäden führen.
Bei Personen mit einer Querschnittlähmung ist oft die Regulation der Körpertemperatur in den betroffenen Körperteilen eingeschränkt oder fällt sogar ganz aus: kein Abkühlen durch Schwitzen und kein Erwärmen durch Muskelzittern. Je höher die Rückenmarksverletzung, desto grösser ist die Körperfläche die überhitzt oder unterkühlt und desto mehr muss man auf diese Problematik eingehen.
Von entscheidender Bedeutung für die Schwere der Verletzung und die funktionellen Einschränkungen für die Betroffenen ist die Höhe der Verletzung der Wirbelsäule bzw. des Rückenmarks. Schau dir an, wie die Höhe der Verletzung sich auf verschiedene Körperfunktionen auswirkt.
Wegen den eingeschränkten Körperfunktionen gilt es bei der Ausübung von Rollstuhlsport einiges zu beachten. Im Folgenden findest du anhand einiger Beispiele die wichtigsten Punkte aufgeführt.
Bei Überkopf-Sportarten wie Tennis oder Badminton soll der Einstieg sanft und graduell erfolgen, damit keine Schulterüberbelastung entsteht. Bei Kontaktsportarten wie Basketball oder Rugby sind die Spielerinnen und Spieler wegen der nicht-gleichförmigen Bewegungen und der Kontakte zwischen Spielerinnen und Spielern, einem erhöhten Verletzungsrisiko ausgesetzt. Eine Schulterverletzung kann für jemanden im Rollstuhl sehr einschneidend sein, weil sie oder er sich dann im Alltag kaum fortbewegen kann. Im Vergleich dazu sind Sportarten wie Handbike und Schwimmen mit ihren harmonischen und zyklischen Bewegungen für die Schultern weniger problematisch.
Damit keine Druckgeschwüre entstehen, müssen die Sportgeräte über geeignete Sitzkissen verfügen und an kantigen Oberflächen mit Schaugummi gepolstert werden. Sie dürfen deshalb auch nicht zu eng (Gefahr von Druckstellen) und nicht zu weit (Gefahr von Hin- und Herrutschen) geschnitten sein. Passe bei den Transfers auf, dass sich der oder die Sportler/in durch Reibungen oder Einquetschen keine Hautverletzungen zuzieht.
Bei Sportarten in der Kälte (z. B. Skifahren) solltest du beachten, dass Hände und Füsse nicht zu stark abkühlen. Bei Sportarten im Freien und bei hohen Temperaturen z. B. beim Tennis, Segeln oder Handbiken ist es wichtig, dass du für genügend Pausen am Schatten sorgst. Um eine Überhitzung zu vermeiden können geeignete Kopfbedeckungen, feuchte T-Shirts oder Wassersprays helfen. Überlege dir, wie du Trainings clever planen kannst: zum Beispiel Tennis in der Halle anstatt draussen spielen, Leichtathletik am Morgen und nicht über Mittag trainieren, schattige Orte (z.B. im Wald) zum Handbiken suchen.
Im Allgemeinen sollten vor und während des Trainings genügend Pausen mit Zugang zu barrierefreien Toiletten eingeplant werden. Bei mehrtägigen Lagern sollte täglich genügend Zeit gegeben werden, um den Darm zu entleeren (etwa 40-60 Minuten).
Beachte, dass bei Personen mit Tetraplegie manchmal Griffe von Sportgeräten (z. B. Tennisschläger, Lenker vom Handbike) angepasst oder and die Hände fixiert werden müssen. Allgemein sind Sportarten, bei der die Fingerbewegung weniger gefragt ist, besser geeignet (z. B. Handbike, Rugby).
Worauf solltest du bei der Planung einer Rollstuhlsportaktivität achten? Worauf musst du in deiner Sportart besonders achten, wenn Kinder und Jugendliche im Rollstuhl dabei sind?
Schau dir das Video zum «Stationentraining im Rollstuhlsport» an. Notiere dir anhand der weiteren Informationen auf der Webseite deine Übungs- und Spielformen, welche du in dein nächstes Training aufnimmst.